Nun ist die Katze aus dem Sack
Nach außen kamen nur wenige Informationen, wie es weitergehen soll. Die Touristinformation im Markt 11 wurde in ein kleines Eckchen Markt 6 verlegt, als Begründung Rathaus-Sanierung. Das neue Zuhause sollte ab 2021 das EG im ehem. Töpke-Blumengeschäft werden. So wird es aber nicht werden, denn für die Sanierung und Umnutzung dieses Grundstückes sind enorme Kosten aufgetaucht, die die Stadt derzeit nicht stemmen kann. Parallel wurde die Zielrichtung bekannt, dass bis zum 31.12.2019 sowohl der Tourismusverein “Colditzer Muldenland”, als auch die GSC aufgelöst und ab dem 1.1.2020 eine neue Gesellschaft die Arbeit aufnehmen solle – Ziel: Bündelung der Kräfte. Ohne Visionen ist wohl nichts Neues zu erreichen, aber die Art, wie man herangeht, bringt das Ergebnis. Für die Stelle der Geschäftsführerin (GFin) wurde keine Ausschreibung gemacht; Cornelia Kasten wurde durch den Stadtrat festgelegt. Für die GFin der Tourist-Info eine knallharte, deprimierende Tatsache, Annett Mehnert kündigte sofort und verließ Colditz per 31.10.2019. Der Tourismusverein wurde um 31.12.2019 aufgelöst – ihn gibt es nun nicht mehr.
Die Auflösung der Gesellschaft Schloss Colditz (GSC) erfolgte aber nicht wie vorgesehen per 31.12.2019 – es gab ständig neue Begründungen für die Verzögerungen. Der Stadtrat hatte inzwischen die Gründung einer städtischen Tochtergesellschaft gGmbH “Cosls” beschlossen. Sie hat ein völlig neues Aufgabengebiet, was von der Pflege der Kultur und Geschichte, einem Zusammenbringen von Jung und Alt und vielen weiteren Aufgaben zum Ziele hat. Doch wie soll das mit dem Personal der GSC “so nebenbei” zu schaffen sein, das bisher nur für die Betreuung der Schlossgäste zuständig war – wir wollen doch durch die Bündelung Kosten sparen? Die einstigen Aufgaben der Tourist-Info lassen sich nicht so schrumpfen, dass dies die GSC mit erledigen kann. Dann kam zum Glück aller die beste Ausrede für alles – Corona. Das Schloss, unsere Hauptattraktion der Stadtbesucher, blieb geschlossen und öffnete vor Kurzem erst häppchenweise wieder. Die anderen Burgen und Schlösser um uns herum tüftelten spezielle Angebote aus, um unter Einhaltung der strengen Hygiene-Vorgaben trotzdem Gäste empfangen, ihre Arbeit fortsetzen zu können.
Nun sind Nägel mit Köpfen gemacht worden. In der letzten SR-Sitzung (13.8.20) wurde ein “Verschmelzungsvertrag” von GSC und gGmbH mit 2 Gegenstimmen beschlossen. Die GSC bleibt (wahrscheinlich aus steuerrechtlichen Gründen) parallel zur “Cosls”-gGmbH (einer 100%igen Tochter der Stadt) bestehen. Davon war bisher nicht die Rede und auch die Stadträte wurden vorher nicht über diese Änderung informiert. Diese neue Form wirft aber viele Fragen auf: in dem “Verschmelzungsvertrag” findet man unter VI. (Sonstiges) “Die Mitgliedschaften in der GSC werden durch Satzungsregelung vor der Unterzeichnung des Verschmelzungsvertrages beendet, was Bedingung dieses Vertrages ist.” Somit entscheidet nur noch ein kleines Gremium, was zukünftig in Colditz passiert. Diese Entscheidung der zwingenden Entlassung aller ehemaligen Mitglieder der GSC musste auf ihrer gestrigen Sitzung (10 Anwesende) akzeptiert werden.
Fassen wir zusammen: Der Tourismus-Verein, dem als Mitglieder Gastronomen, Pensionsanbieter, Heimatliebhaber, Stadtgeschichtler etc. angehörten, ist Geschichte – die Mitglieder werden nicht mehr zum Kundtun ihrer Interessen gebraucht. Nun wurden auch die jahrelangen Mitglieder der GSC in´s Jenseits geschickt, obwohl niemandem nach alter Satzung durch Fehlverhalten der Rauswurf angelastet werden konnte. Wer vertitt denn nun die Interessen jener einstigen Mitglieder beider Vereine? Ein weiterer Verein, der Förderverein Schloss Podelwitz e.V., wurde schon längst stillschweigend aufgelöst. An die Besucher der Stadt Colditz wird gar nicht gedacht – wenn sie etwas wollen, dann sollen sie in`s Schloss kommen. Für die finanzielle Ausstattung der neuen gGmbH ist die Stadt verantwortlich. Rutscht diese in´s Minus, muss einhellig die Stadt dafür aufkommen. Die in der Sitzung veröffentlichte Zahl, dass die Verschmelzung zu den bisherigen Kosten von 50.000 Euro der Stadt nur weitere 12.000 Euro kosten wird, ist unglaubhaft. Hier entstanden schon weitere Kosten in der nun 1 Jahr währenden Vorbereitung, die aber in der Öffentlichkeit nicht auftauchen werden. Das Gründungskapital der gGmbH von 25.000 Euro wurde ebenfalls schon 2019 durch einen HH-Vorgriff 2020 entnommen. Der BM handelt rechtlich gedeckt, denn er erhielt lt. SR-Beschluss einen Freibrief, Gelder bis zu einer Höhe von 10.000 Euro / Posten ohne Einwilligung der SRe ausgeben zu dürfen.
Das touristische Jahr neigt sich schon langsam dem Ende entgegen. Wie es im nächsten Jahr weitergehen wird – warten wir ab. Ein (Ex)GSC-Mitglied nach ihrer Meinung befragt, antwortete enttäuscht: In meinem Alter brauche ich mir das nicht mehr antun; die jungen werden´s schon machen. Ob diese völlig neue Konstellation gut ist, muss sie erst beweisen. Der “Rauswurf” aller bisherigen Mitglieder beider Vereine ist vergleichbar mit der landwirtschaftlichen Arbeit – die Umstellung auf Monokulturen kann kurzfristig zwar rentabler sein, aber langfristig einen großen Schaden hinterlassen. Oder was sagt ein altes Sprichwort: Neue Besen kehren gut, aber die alten wissen, wo der Dreck liegt.
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