Gib Frieden, Herr, gib Frieden
Am 16. April jährte sich die Einnahme der Stadt Colditz mit seinem Schloss durch amerikanische Truppen zum 80. mal. Die Stadt ist noch relativ gut weggekommen, denn die US-Armee wusste nicht, dass die vielen inhaftierten Offiziere im Oflag IV C bereits schon weggebracht worden waren.
Anlässlich dieses Jahrestages weilten Gäste des seit 1991 besthenden britischen Vereins ” The Colditz Society” für ein paar Tage bei uns. Wohl kaum ein Anderer hat sich so intensiv mit unserer Stadtgeschichte, vor allem jener, als das Schloss als Oflag IV C genutzt wurde, beschäftigt, als David Ray. An jenem Mittwoch machte er eine Stadtführung, die auf unserer Porzelline-Brücke begann. Gezielt lief er ein Stück Richtung Möseln, erklärte dort den Gästen, dass hier 1944 eine Außenstelle des KZ Buchenwald eingerichtet wurde. Hier sollten im Auftrag der HASAG von KZ-Häftlingen Panzerfäuste hergestellt werden. Die Haftbedingungen zwischen Oflag IV C und HASAG-Lager waren nicht zu vergleichen. Im Februar 1945 wurde das Lager auf einem “Todesmarsch” Richtung Theresienstadt geräumt; viele kamen dort nie lebend an. Ergänzung: Der Prokurist der Leipziger HASAG war der Schwiegervater des späteren Bundeskanzlers Helmuth Kohl; seine Frau war eine geb. Hannelore Renner. Sie besuchte sogar vor der Wende ihren Verwandten Willy in Kaltenborn.
Dann ging der Stadtgang weiter über den Hartenstein in Richtung Stadtbrücke mit tollem Blick auf das Schloss. Von einem großen Rundgang sah man ab; denn viele markante Stellen und Gebäude aus jener NS-Zeit sind heute nicht mehr zu sehen.
Am Nachmittag traf man sich im Schloss zu einer Besichtigung der völlig neuen Gestaltung der Ausstellungs- räume in Kombination mit modernster Technik. Die Räume füllten sich schnell und wieder war es David Ray, der seinen Landsleuten viele Fragen beantworten konnte. Dass man es heute so bewundern kann, ist Regina Thiede zu verdanken, die in jahrzehnte langer Arbeit das Puzzle vervollständigt hat.
17.00 Uhr war zu einem ökumenischen Gottesdienst in die kleine Schlosskapelle geladen; sie war schnell übervoll. Im Vordergrund stand sowohl in den Predigten der beiden Pfarrer Andreas Leuschner (kath.) und Ulrich Jasmer (ev.), als auch den vom Schönbacher Kirchenchor vorgetragenen Liedern das Wort “FRIEDEN”. Beide brachten die kirchliche Geschichte mit der heutigen Zeit so eng in Zusammenhang, dass man versteht, in was für einer besorgniserregenden Zeit wir momentan leben. “Segen kann gedeihn, wo wir alles teilen, schlimmen Schaden heilen, lieben und verzeihn.” Mit der Segnung Aller endete der Gottesdienst.
Die Gäste vom “The Colditz Society” begaben sich erst ´mal in ihre Unterkunft, die Europa-Jagendherberge. Wir würden uns freuen, sie auch in den nächsten Jahren in Colditz wider herzlich begrüßen zu dürfen.
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