Eskalierter Personalstreit in Colditz
Die Anfänge des Rechtsstreites liegen schon Jahre zurück. 2016 wurde in einer SR-Sitzung beschlossen, die Stelle als Bauhofleiter aus betriebswirtschaftlichen Gründen abzuschaffen. Laut einer in Auftrag gegebenen Studie, die nicht billig war, wurde J. von dieser Aufgabe entbunden und als Bereichsleiter Gebäudemanagement eingesetzt.
Vor rund 3 Jahren wurde der langjährige Bauhofleiter unter dem Vorwurf einer angeblichen Straftat fristlos gekündigt. J. war inzwischen auch zum amtierenden Personalrats- vorsitzenden gewählt worden; setzte sich für die Belange der Mitarbeiter ein.
Allgemeine Handlungsweise: Steht die Anzeige einer Straftat im Raum, so sollten umgehend von den zuständigen Verantwortlichen Maßnahmen eingeleitet werden, den Sachverhalt zu klären. Die vorgeworfene Straftat konnte J. nicht nachgewiesen werden. Grundsätzlich gilt für die Rechtssprechung: im Zweifel zu Gunsten des Beschuldigten. In diesem Fall entschied der Arbeitgeber sich aber zur Umsetzung der fristlosen Kündigung.
Um gegen die außerordentliche Kündigung zu klagen, zog Jaworski vor das Arbeitsgericht Leipzig, wo es am 05. 05. 2022 zur Verhandlung kam. Das Ergebnis: Die außerordentliche Kündigung wurde als unrechtmäßig eingestuft. Die Richterin Kaminski riet auch dem HAL Loeper, der in Vertretung der Stadt anwesend war, von einer Berufung abzusehen. Noch vor dem Urteilsspruch verließen die beiden Stadtvertreter (HAL Loeper und Anwalt) das Gerichtsgebäude. In einer SR-Sitzung einen Tag vor Ablauf der Einspruchsfrist entschied jedoch der Stadtrat mit 6 Fürstimmen und Enthaltung aller anderen anwesenden SRe., in Revision zu gehen.
Alle weiteren Verhandlungen fanden im Landesarbeitsgericht (LAG) Chemnitz statt. Bereits am 1. Verhandlungstag fragte Richter Heuwerth die beiden Parteien, ob eine gütliche Einigung möglich wäre. BM Zillmann verneinte es, die Stadt habe dafür derzeit kein Geld. So folgten weitere Termine. Das Gericht sah es als wichtig an, zur sachlichen Klärung den angeblichen Auslöser des Konfliktes, Herrn L. vorzuladen. Am 1. Termin erschien er nicht, am 2, ebenfalls nicht. Die Verhandlungen mussten abgebrochen werden. Zum 3. Termin am 05.11. 24 erschien er, wurde seitens des Richters belehrt, die Wahrheit zu sagen. Anschließend wurde er ausgiebig über den Tatvorgang befragt. Ein weiterer Zeuge konnte nicht vorgeladen werden, da dieser derzeit unter keiner ladungsfähigen Adresse auffindbar ist. Beide Zeugen wurden seitens der Stadtverwaltung im Laufe des Verfahrens als glaubwürdig und frei von Unzulänglichkeiten dargestellt. Das betonte der Anwalt der Stadt, Herr Wolfer, kurz vor Verhandlungsende nochmals. Die Befragung des Zeugen L. ergaben wohl selbst für den Richter Heuwerth und die beiden Beisitzer sehr widersprüchliche Aussagen. Nach zweistündiger Verhandlung fällte das Gericht in 2. Instanz nun das Urteil – bestätigte die Unwirksamkeit der Kündigung aus 1. Instanz. Wie es nun weitergehen wird, ist völlig offen.
Der seelische und moralische Schaden für Jaworski ist enorm. Er lässt sich sicher nur auf zivilrechtlicher Basis klären.
Ein Rückblick auf die 1. Verhandlung in Leipzig; eine nicht alltägliche Äußerung der Richterin Kaminski: Herr Jaworski; Sie sind 6 Jahre jünger als ich und auch bei mir ging nicht immer alles glatt. Aber das, was sie hier erleben mussten, wird sie ein Leben lang begleiten. Wenn sie ´mal zufällig einer Unterhaltung beiwohnen, wo über so etwas Ähnliches gesprochen wird, kommt bei ihnen das alles wieder hoch und sie fuhr sich mit dem Zeigefinger aus dem Nacken zum Schädeldach.
Dass der Fall weit über das lokale Interesse stößt, zeigten einige nicht ganz alltägliche Besucher jener Gerichtsverhandlungen. Seitens der Gewerkschaft VERDI nahmen Vertreter teil, eine Spezialistin für Mobbingfälle (hatte schon über 2200 Fälle bearbeitet) reiste extra aus Bautzen an. Auch Vertreter einer Mobbing-Selbsthilfegruppe aus Leipzig wohnten teils den Verhandlungen bei.
Lassen Sie uns gespannt sein, wie es weitergeht!
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